1982 hat Jürgen Hack gemeinsam mit Kerstin Stromberg Sodasan gegründet. Damals wurden die ersten Mischungen für Reinigungsmittel noch im Betonmischer produziert und die erste Rezeptur hieß aufgrund eines Druckfehlers „Spürmittel“ statt „Spülmittel“. Seither ist der Vordenker für ökologische Wasch- und Reinigungsmittel und Nachhaltigkeitspionier mit Sodasan einen langen Weg gegangen. Im LAB Talk mit Nora hat sich Jürgen am 30.07. über sein Verständnis eines ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatzes und die politischen Rahmenbedingungen dafür unterhalten.
Nach seinem Chemie-Studium hat Jürgen Hack zunächst in der Erdölbranche gearbeitet. Dann verliebte er sich, hängte ein Studium der Sozialwissenschaften dran und fand dann doch den Weg zurück zur Chemie. Statt auf Erdöl konzentrierte er sich allerdings auf die Idee, ökologische Reinigungsmittel zu entwickeln – auch durch den Einfluss seiner nachhaltigkeitsbewussten Partnerin. Daraus entstand schließlich das Unternehmen Sodasan. Man glaubt ihm, wenn er davon erzählt, er sei nie dem Geld hinterhergelaufen. Trotzdem ist Sodasan heute ein finanziell gesundes Unternehmen. Seiner Überzeugung nach komme diese gesunde Ökonomie von allein, wenn man hohe ökologische und soziale Ansprüche erfülle und damit qualitativ hochwertige Produkte liefere. Um diesen Ansprüchen zu entsprechen, verfolgt Jürgen mit Sodasan einen ganzheitlichen Ansatz. Dazu, so sagte er, gehöre auch, Cradle to Cradle in allen Bereichen umzusetzen.
Von erneuerbarer Energie in der Produktion bis hin zu biologisch abbaubaren Reinigungsmitteln
Viele Konsument*innen würden bei Reinigungsmitteln nur nach biologischer Abbaubarkeit fragen. Für Jürgen hingegen ist das nur der letzte Teil der Produktbiografie, wenn auch ein wichtiger. Welche Energieform wird zur Produktion verwendet? Woher kommen überhaupt die Rohstoffe, sind sie nachwachsend oder petrochemisch? Und wenn sie nachwachsend sind, stammen sie aus ökologischem Landbau? All dies müsse bei der Produktentwicklung und Produktion beachtet werden, was auch Achtsamkeit bei der Wahl der Lieferant*innen fordere, sagte er.
Auch für C2C NGO sind transparente und nachvollziehbare Lieferketten enorm wichtig. Denn die Frage, ob soziale Standards bei der Herstellung eingehalten wurden, oder ob importierte Produkte möglicherweise Schadstoffe enthalten, hängt direkt davon ab. Allein aus Gründen der künftigen Wettbewerbsfähigkeit ist es kaum nachvollziehbar, dass es nur wenige Unternehmen wie Sodasan gibt, die sich diese Transparenz selbst auferlegen. Das diskutierte Lieferkettengesetz würde dabei helfen, dies zu ändern.
Die wahren Kosten der Herstellung müssen im Preis abgebildet werden
Weil Sodasan auf Qualität achtet, sind die Reinigungs- und Waschmittel aber oft teurer als konventionelle Produkte von den Big Playern. „Auch wenn wir biologische Rohstoffe einsetzen, wäscht das Waschmittel ja nicht besser“, sagte Jürgen. Ihn störe allerdings, dass die höheren Kosten an einem System lägen, in dem die wahren Kosten der Herstellung nicht in den Preisen abgebildet würden. Ein Argument, dem Nora voll zustimmte. Die Kosten für Schäden der Produkte an Mensch und Natur trage die Allgemeinheit, während die Gewinne privatisiert würden.
Aus der Nische heraus weiter zu wachsen sei kompliziert, sagte Jürgen. Man müsse sich dafür einem anderen Umfeld aussetzen, einem Ellbogen-wirtschaften, das härter und unsolidarischer als in der Ökobranche üblich um die Preise feilsche. Und das ist für Jürgen, dem es nach wie vor „nicht um größtmögliche Rendite geht“, fremd. Andererseits: „Was nützt es, ökologische Produkte zu haben und niemand kauft sie?“ Jürgen sieht sein Engagement mit Sodasan vor diesem Hintergrund auch gerne als Impulsgeber. Vor 40 Jahren gab es kaum Nachfrage für ökologische Produkte. Heute, nicht zuletzt auch durch Bewegungen wie Fridays for Future, sei das Bewusstsein dafür geschärft.
Jürgen sieht auch die Bemühungen großer Hersteller in Richtung mehr Nachhaltigkeit positiv – wenngleich es sich um kleine Schritte handele. Wenn Unternehmen mit kleinem ökologischem Fortschritt viele Menschen erreichten, bewirke das vielleicht mehr, als wenn ganzheitlich ökologische Hersteller nur Wenige erreichten, erläuterte Jürgen. Unterm Strich reichen die Bemühungen dem Nachhaltigkeitspionier aber natürlich nicht aus. Er wünscht sich in allen Belangen einen ganzheitlichen Ansatz: „Wir sind noch nicht am Ziel, wir sind auf dem Weg“, sagte er. Was er sich für die Zukunft wünschen würde? Mehr ökologischen Landbau und eine Abkehr von der industriellen Landwirtschaft als Grundlage. Er versuche mit Sodasan ein Vorbild zu sein und wolle weiterhin Impulse für eine bessere Zukunft setzen.