Eine C2C-Modellkommune zum Ausprobieren, Anfassen und Anschauen

Person und Monitore werden gefilmt

Eine C2C-Modellkommune zum Ausprobieren, Anfassen und Anschauen

Eine C2C-Modellkommune zum Ausprobieren, Anfassen und Anschauen 2560 1920 C2C LAB

Die CradletoCradle-Community ist geprägt von Pionier*innen, engagierten Menschen und Überzeugungstäter*innen. Dazu zählt auch Helge Viehweg, Bürgermeister der C2C-Modellkommune Straubenhardt. Mit ihm sprach unsere Geschäftsführende Vorständin Nora am 16. April bei unserem digitalen LAB Talk. Was können Städte und Kommunen zu C2C beitragen? Was macht eine Gemeinde oder Kommune aus? Und wo liegen die größten Herausforderungen bei der Implementierung von C2C in einer Region? Das waren nicht nur Fragen, die dem Bürgermeister und Nora auf dem Herzen lagen, sondern die auch von den Zuschauenden gestellt wurden. 

Inspiriert von einem Vortrag von C2C-Vordenker Prof. Michael Braungart bei der IHK, trug Helge Viehweg die Idee von C2C in seinen Gemeinderat und konnte überzeugen. Wichtig waren dabei vor allem Aspekte, die Straubenhardt ausmachen und in Zukunft ausmachen sollen. Wie kann Straubenhardt, eingekreist von größeren und wirtschaftlich stärkeren Städten wie Pforzheim, besser in den Mittelpunkt gestellt werden? Ein Innovations- und Qualitätskonzept wie C2C liege da natürlich nah. Wie Viehweg beim LAB Talk betonte, möchte die Gemeinde nicht weiter Gebäude für die Müllhalde bauen, die schon beim Betrieb die Umwelt belasten. Das erste Projekt ist daher ein Feuerwehrhaus nach C2C. Der Neubau ist seit März 2019 im Gange. Daneben achte die Gemeinde beim Kauf von Büromöbeln, Büromaterial und Putzmitteln auf ökologische Standards, erzählte Viehweg. Das ist aber nur der Anfang – Straubenhardt hat sich hohe Ziele gesetzt, bei denen auch wir als NGO unterstützen und beraten. Ziel ist, ein Alleinstellungsmerkmal zu generieren, das zu Gemeinde und Lage passt: Gesunde Arbeitsplätze, glückliche Bewohner*innen, Produktion, Gewerbe und Industrie im Einklang mit der Natur, Innovation und hohe Lebensqualität sowie Wertsicherheit. Dass Straubenhardt einen offenen Gemeinderat hat, durfte auch Nora mitbekommen: “Ich habe gesehen wie viele Menschen vor Ort sich engagieren, Herzblut mit einbringen und sagen, sie wollen die Gemeinde gestalten und dazu beitragen, nicht nur weniger schlecht zu sein – sondern einen positiven Fußabdruck zu hinterlassen. Das finde ich beeindruckend.“ 

Dass es trotzdem nicht immer einfach ist, als Pionier*in voranzuschreiten, zeigte sich ebenfalls im Gespräch: Laut Viehweg wird von Verantwortlichen in den Kommunen häufig zu typisch deutsch gedacht, dadurch zu viel hinterfragt, zu perfektionistisch gedacht und nur die Probleme gesehen. “Und wenn wir uns davon frei machen – und ich muss gestehen, dass hat auch bei mir eine ganze Weile gedauert – und uns darauf einlassen, Dinge auszuprobieren und zu sagen ‘wir versuchen das’, dann haben wir in den Kommunen tatsächlich riesige Chancen”, so Viehweg. Es reiche nicht zu fragen: Was kostet ein Gebäude? Es gehe darum, was ein Gebäude bringe und was die herkömmliche Bauweise in der Vergangenheit nicht gebracht hat. Umweltschäden und die Entsorgung sind nämlich bisher nicht in Baukosten eingepreist – dafür zahlt die Gesellschaft, ohne an den Gewinnen von Bauunternehmen und Immobilienfirmen beteiligt zu werden. C2C sei da vielleicht die ehrlichere Betrachtung, so Viehweg. Die Kosten, die am Anfang eines C2C-Gebäudes stehen, seien vielleicht höher als beim konventionellen Bau. Später seien jedoch das Gebäude und seine Einzelteile wiederverwertbar. Durch den Wegfall von Entsorgungskosten würden die Lebenszykluskosten eines C2C-Gebäudes daher im Vergleich geringer – um beim Beispiel Bausektor zu bleiben. 

Nora betonte ebenfalls, dass die Gesamtkosten betrachtet werden müssen. Für einige sei die Coronakrise eine Ausrede, um beispielsweise die Klimaziele zu pausieren, damit Geld gespart wird. Nora stellte heraus, dass die derzeitige Situation ein Startpunkt sein sollte, anders und neu zu Wirtschaften. Die Corona-Hilfsgelder, die jetzt in die Wirtschaft fließen, sollten Nora zufolge in Unternehmen und Produkte investiert werden, die ökologisch wirtschaften, die in ihren Geschäftsmodellen auch die langfristigen Effekte ihres Handelns für Mensch und Umwelt beachten. Dieser Ansatz sei auch auf Kommunen übertragbar. Kommunen zählten zu den größten Beschaffern des Landes. Vom Büromaterial über den Kaffee für die Behörden-Küchen bis hin zum kommunalen Bau. Für C2C NGO sind sie daher ein riesiger Hebel, um etwas zu verändern und sie sollten sich daher – auch in diesen Zeiten – überlegen, welche Beschaffungsrichtlinien sinnvoll sind. Welche Richtlinien die Kommunen selbst und damit die Gesellschaft langfristig weiterbringen. 

Und hier schließt genau ein Punkt an, der Viehweg besonders überzeugt hat: C2C ist ein Wirtschaftsmodell, in dem mit menschen- und umweltfreundlichen Produkten und so mit einem guten Gewissen Geld verdient werden kann. Und genau das möchte er auch für Straubenhardt: “Mit guten Produkte Gutes tun.” Politische Entscheidungen müssten abseits von Lobbyismus und ähnlichem getroffen werden. Und es dürfe auch kein Scheinsystem aufgebaut werden. Stattdessen müssten die Verantwortlichen – beispielsweise für Müll – zur Kasse gebeten werden. Im Gegenzug würden Projekte, die C2C berücksichtigen, in Straubenhardt zukünftig unterstützt. Ziel sei unter anderem ein Gewerbegebiet nach C2C. Dafür sei die Kommune mit Bauherren im Gespräch und komme bspw. mit den Grundstückspreisen entgegen, wenn C2C beim Bau berücksichtig werde. Dabei dürften aber nicht die Bürger*innen von Straubenhardt vergessen werden, so Viehweg. Denn ohne deren Akzeptanz sei die weitere Implementierung von C2C nicht möglich. In Zukunft werde versucht, der Bevölkerung anhand von kleineren Projekten bzw. Produkten C2C näher zu bringen. Denn wenn die Menschen sehen, dass Unternehmen wie Steelcase, Frosch oder Stabilo C2C schon umsetzen, sei C2C greifbarer für die Bevölkerung und zeige, dass es auch schon heute möglich ist, ist Viehweg überzeugt. 

Es sei wichtig, dass wir die Menschen zum Umdenken anregen – denn jede*r könne auch im Kleinen Bildungsarbeit machen. Jede*r könne die Frage stellen, ob ein Stift zum Schreiben gemacht ist oder ob das Papier durch ihn zu Sondermüll wird, so Nora. Aber natürlich gehe es auf kommunaler Ebene auch darum, C2C in die Schulen zu tragen, in die Kitas, in die öffentlichen Einrichtung. Darum an ganz vielen Stellen immer wieder das Umdenken voranzutreiben. Und dabei spielten Kommunen eine wichtige Rolle. 

Das ganze Gespräch könnt ihr auf YouTube anschauen.