Der Beirat unserer C2C NGO besteht aus Menschen, die Cradle to Cradle leben. Sie sind Unternehmer*innen, die sich mit ihrer beruflichen Expertise bei uns einbringen, oder aber Personen, denen Cradle to Cradle ein privates Anliegen ist. Das ist auch bei Nina Eichinger so. Die Münchnerin ist nicht nur Moderatorin, sondern auch Umweltwissenschaftlerin mit einer Ausbildung in Permakultur. Am Donnerstag, den 9. April, war Nina zu Gast im LAB Talk und unterhielt sich mit Tim unter anderem über Umwelt- und Klimaschutz in Corona-Zeiten und die Notwendigkeit von Cradle to Cradle in der Landwirtschaft.
Weil durch die Coronakrise sämtliche Moderations-Jobs abgesagt wurden, hat es sich Nina Eichinger in den vergangenen Wochen mit ihrer Familie auf dem heimischen Hof gemütlich gemacht. Von dort aus war sie live im C2C LAB zugeschalten und hat sich eine Stunde Zeit für das Gespräch mit Tim und die Fragen der Zuschauer*innen genommen. Sie habe Obstbäume gepflanzt und arbeite, weil es viel zu trocken für die Jahreszeit ist, an einem ausgeklügelten Schlauchsystem zur Bewässerung der neuen Pflanzen. Außerdem koche sie viel und kümmere sich um ihre Pferde.
Außerdem hat Nina nun mehr Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wie die Krise unser aller Leben und unsere Wirtschaft verändert. Für sie ist der Zeitpunkt der richtige, um bisherige Systeme und Herangehensweisen zu überdenken. “Das Corona-Virus kommt von Wildtieren. Weil wir deren Lebensräume zerstören, um dort Ressourcen zu heben, springt es auf der Suche nach einem neuen Wirt auf uns Menschen über. Virologen sagen seit Jahren, dass wir diese Lebensräume erhalten müssen. Es gibt einen Zusammenhang zwischen solchen Krisen und Klima- und Umweltschutz und das muss bei den Menschen endlich ankommen”, sagte Nina im Gespräch.
Dass nun Konferenzen wie der Weltklimagipfel in Glasgow nach hinten verschoben werden mache ihr – bei allem Verständnis für den notwendigen Schutz der Teilnehmer*innen – vor diesem Hintergrund Angst. Ebenso die Verteilung von Hilfsgeldern in der Krise. “Die Notgelder erhalten Unternehmen, von denen wir wissen, dass sie in die falsche Richtung wirtschaften”, kritisierte Nina, die unter anderem in San Diego und Lugano Umweltwissenschaften studiert hat und daran eine Ausbildung in Permakultur angeschlossen hat. Stattdessen müssten die Hilfen an Firmen gehen, die nachhaltig wirtschaften und in Kreisläufen denken, erläuterte sie auf eine Publikumsfrage hin.
Für Cradle to Cradle NGO hängt damit auch direkt die Frage zusammen, wie Preise gestaltet werden und wie Unternehmenserfolg gemessen wird. “Wir benötigen eine neue Definition von Unternehmertum und eine echte Bepreisung von Produkten”, sagte Tim in dem Gespräch. Dazu gehöre, Schäden an Menschen und der Umwelt einzupreisen, damit diese künftig vom Verursachenden und nicht wie bisher, von der Allgemeinheit getragen werden.
Echte Preise statt ausgelaugter Böden
Eine reale Bepreisung ist Nina zufolge insbesondere auch in der Landwirtschaft dringend notwendig. Permakultur habe ihr Interesse geweckt, weil es sich dabei im Prinzip um eine Kreislaufwirtschaft ohne Müll handele. “Das Ergebnis ist eine Landwirtschaft und Landschaften, von denen alle profitieren”, sagte sie. Leider hätten Landwirt*innen im Allgemeinen einen schlechten Ruf – insbesondere bei vielen Umweltschutzorganisationen. Für Nina ist dieser Ruf nicht gerechtfertigt, da außer Acht gelassen werde, unter welchen politischen Rahmenbedingungen viele Landwirt*innen arbeiteten. “Die Höfe müssen beispielsweise bei der Viehhaltung immer mehr aus den Tieren rausholen, um Subventionen zu erhalten. Also kauft der Landwirt 40 Kühe mehr, um überhaupt überleben zu können”, erklärte sie. Es brauche daher mehr Mut, ökologischen Landbau nach dem Kreislaufprinzip in die Breite zu bringen. Und dazu gehöre auch, dass Landwirt*innen Hilfen und Finanzierung erhalten, um ihre Höfe dahingehend umzustellen.
Auch hier spielt Tim zufolge wieder die Bepreisung eine enorm wichtige Lenkungsrolle. “Bei realen Preisen würde sich die aktuelle Landwirtschaft überhaupt nicht mehr lohnen, weil die Auslaugung der Böden viel zu teuer wäre”, sagte er. Dass Deutschland als Flächen- und Agrarland bezüglich der Gesundheit der Böden in Europa Schlusslicht ist, regt Nina immer wieder auf. “Das ist echt peinlich”, sagte sie. Umso wichtiger sei es, Gesetzesvorhaben wie den Aktionsplan Kreislaufwirtschaft auf europäischer Ebene nun weiter voranzutreiben. Die jetzige Krise sei eine Chance, Wirtschaft und Gesellschaft beim Aufbau holistisch zu begreifen und die Dinge künftig richtig zu machen.
Das ganze Gespräch ist in unserem YouTube-Channel zu finden.